Vom Junkie zum Jesusfreak - TEIL 3

Jupp E-Book Cover Kröwaformat

Er vergibt uns unsere Sünden und lässt unsere Krankheiten verschwinden. Psalm 103,3

Nach ein paar Gottesdienstbesuchen in anderen Solinger Gemeinden war eines für mich klar, diese Art des praktizierten Glaubens wie ich sie in den letzten zwei Jahren erleben musste ist nichts mehr für mich. Ich erinnerte mich an die Jesusfreaks in Remscheid.

Bei ihnen fand Jupp und Rose ein neues Geistliches Zuhause. Bei den Freaks werden einem nicht die geistlichen Knochen gebrochen, hier kann der Mensch sein, wie der Mensch ist. Hier sind wir gut aufgehoben, fühlen uns wohl und geborgen und das Beste ist, ich kann in der Nacht wieder ruhig schlafen. Die Vision der Remscheider Freaks ist voll dem Jupp seine Sache. Mit ihr kann ich mich gut identifizieren und total eins machen:
Eins ist auf jeden Fall klar, Jesus zu vertrauen bewirkt in mir, mich frei zu fühlen,
Frieden und eine Freude in mir zu tragen,
die die Welt und ihre Menschen die ohne Jesus leben, so nicht kennen!

Die Vision: Wir wollen in Remscheid und Umgebung eine starke Christliche Szene
von Menschen bauen, die Jesus nachfolgen, ohne dabei ihre Identität zu verlieren!

Im Kultshockk, so heißt die „Kneipe“ der Jesusfreaks, finden freitagabends und sonntagmorgens ihre Gottesdienste statt. An manchen Samstagabenden hat der Laden auch auf und man kommt einfach so vorbei um ein wenig zu chillen und ein Bier in geselliger Runde zu trinken oder ein Konzert zu besuchen. Bei den Freaks gibt es natürlich auch das Amt der Ältesten. In den Gründerjahren nannte man sie auch „Ärsche.“ Fast alle Gemeindemitglieder gehen unter der Woche zu einem Hauskreis. Beim mir trafen sich immer Dienstags ca. 10 Freaks. Ich war am Anfang sogar der offizielle Leiter der Truppe. Aber nicht weil ich so ein toller Christ bin, oder ich mich dazu berufen fühlte. Sondern weil es kein anderer machen wollte und sie einen „Arsch“ brauchten, der es macht. Ich selber sah mich eher als ein Gastgeber. Die Leute waren eine coole Truppe und unsere Gebetszeiten gingen oftmals voll ab, da flashte der Heilige Geist dann ganz schön durch die Bude. Zu Anfang genoss ich diese Abende mit meinen Geschwistern immer sehr. Doch später wurde zu oft ein Kaffeekranztreffen ohne Jesus daraus. Am Ende des Abends wurde dann noch schnell gebetet und das war es dann. Meine Vorstellung eines Hauskreises war dies aber nicht, ich fühlte mich irgendwie von meinen Freunden verraten und hab das dann bei einem Treffen im Hauskreis angesprochen. Da ich bekanntlich ein echter Bollerkopf bin, habe ich meine Geschwister an diesem Abend, durch meine grobe Rede vielleicht unfair angeraunzt. Aber ein ehrliches Donnerwetter sollte unter Freunden möglich sein. Danach wollte ich auch nicht mehr der sogenannte „Arsch“ der Gruppe sein und gab den Job ab. Die Treffen fanden nach kurzer Zeit auch nicht mehr in meiner Wohnung statt. Etwas später ging ich dann auch nicht mehr hin. Es war ganz einfach nicht mehr meine Art von Hauskreistreffen wie es einst von mir erdacht und ins Leben gerufen wurde. Ich hätte damals wohl einiges besser machen können, und hoffe ich habe keinen zu tief verletzt.

Eines Tages hieß es, in der Gemeinde wird jemand gesucht der den Predigtkassettendienst übernehmen will. Für mich war klar, dass es mein Job sein würde, und der machte mir im Kassettenzeitalter auch ganz viel Freude. Danke Papa, dass sie wahr sind, deine Zusagen in deinem Wort, aber es passiert eben immer zu deiner Zeit und nicht dann wenn ich, der Jupp es vielleicht sogar öfter gerne hätte. Als ich den riesigen Karton mit den ganzen Predigtkassetten bei mir zu Hause auspackte und archivierte, staunte ich nicht schlecht, ja es traf mich fast der Schlag! Die Predigt, die ich damals am 1. Nov. 2002, als ich das erste Mal nach meinem Rauswurf aus der alten Gemeinde im Kultshockk war hörte, hatte den Titel: Scheiß auf Engel! Sollte das schon der erste prophetische Eindruck für mich gewesen sein und ein klares Reden von Gott. Auf jeden Fall hat Jupp alles bekommen was er sich von Gott erbeten hatte, echt alles! Sogar die Frau von der er immer geträumt hat. Und das kam so! Ich sagte eines Tages zu Jesus:

„Wenn ich nochmal eine Beziehung zu einer Frau haben dürfte, soll doch er – Jesus – sie mir schicken. Ich selber hatte die Schnauze voll wollte nix mehr starten und geduldig warten was so geschehen wird. Ich erzählte Jesus natürlich genau wie meine Traumfrau aussehen sollte. Ganz schön blöd und naiv von mir, oder? Denn Gott kannte sie ja schon längst. Das Warten fiel mir echt schwer und war `ne große Herausforderung. Mehr als 4 Jahre geschah nix.

Doch dann bekam ich am 21.02.07 um 13 Uhr 47 und 36 Sekunden eine E-Mail von einer mir vollkommen unbekannten Frau aus Oberschwaben, die mein ganzes Leben verändern sollte. Sie war voll auf der Suche nach Menschen die mit Jesus unterwegs sind. Aber in ihrer Gegend war da nix passendes zu finden. Durchs Internet bekam sie Wind von den Jesusfreaks. Die Seite von der Remscheider Gemeinde gefiel ihr am besten und sie wollte mehr darüber erfahren, wie die Freaks so mit Jesus leben. Durch eine schriftliche Anfrage bekam sie meine Adresse,an die sie sich dann auch wendete. Wir beiden schrieben uns dann fast täglich und eines Tages lud ich sie ein, für ein Wochenende nach Solingen zu kommen.

Am 15. März 2007 war es soweit und ich fuhr mit dem Bus zum Bahnhof. Schon bei der Begrüßung am Zug, war es so als ob wir uns schon lange kannten. Unser Miteinander war einfach vollkommen gut. So easy und leicht! Es war ein richtig herrliches Wochenende, mit einem Besuch im Kölner Dom. Die Sonne strahlte vom Himmel, Jupp und Claudi, so hieß sie, taten es ihr gleich. Ein Abendmahl feierten wir beiden auch zusammen. Das war voll abgefahren, dieser tiefe Frieden und die Freude an diesem Abend. Am Sonntag saßen wir noch einmal mit ein paar Freaks aus der Gemeinde bei mir zusammen in meiner Wohnung. Einer aus der Runde fragte Claudi, ob sie schon einmal ganz bewusst (in der Taufe) dem Herrn Jesus ihr Leben gegeben hat. Als sie das verneinte, ließen wir spontan Wasser in die Badewanne laufen und tauften sie auf den Namen Jesus. Obwohl sie auch schon vorher an Jesus glaubte, übergab sie damit ganz bewusst und vor Zeugen ihr Leben an den König des Universums. Einen Taufspruch hat sie natürlich auch bekommen, der ist echt genial. Als sie ihn das erste Mal hörte war sie gleich total happy von dem, was Gott über sie denkt.

Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte, er ist stark und hilft dir! Von ganzem Herzen freut er sich über dich. Weil er dich liebt, redet er nicht länger über deine Schuld. Ja er jubelt, wenn er an dich denkt! Zefanja 3,17

Halleluja, was für eine starke Zusage von Gott. Abends erzählte Claudi dem Jupp noch einige krasse Dinge. So Sachen die sie schon in ihrem Leben verbockt hat. Sie meinte auch, dass sie seit fast 25 Jahren verheiratet ist, die Ehe aber nur noch auf dem Papier ihre Gültigkeit hat. Sie hatte ihrem Mann auch schon gesagt, dass sie irgendwann ein Leben ohne ihn führen wollte. Wir brachten alles im Gebet vor Gott und Claudi bat Jesus um Vergebung. Dann waren die vier Tage auch schon vorüber. Auf der Busfahrt zum Bahnhof sagte sie: “Eigentlich würde sie noch viel lieber hier bleiben!“ Mir verschlug es fast die Sprache und ich hätte am liebsten gesagt: „ Ja dann bleib doch einfach!“ Aber ich tat so als hätte ich nix gehört. Als wir beiden in der Bahnhofshalle standen und auf den Zug zurück nach Oberschwaben warteten, umarmten wir uns zum Abschied. Diese erste Berührung flashte mich total. Als der Zug sich in Bewegung setzte, lief ich noch ein Stück winkend hinterher, bis der Zug im Nichts verschwand. Meine Gedanken und Gefühle konnte ich gar nicht richtig begreifen. Ich war einfach nur total und derbe krass mit Freude ausgefüllt. Ich lief jubelnd, lachend und strahlend durch Solingen -Ohligs, ohne darauf zu achten wohin meine Beine mich trugen. Plötzlich hörte ich mich selber sagen: „So eine Verbundenheit zwischen zwei Menschen die mit Jesus gehen, hab ich ja noch nie gespürt und empfunden. Es dauerte dann noch 2-3 Tage bis ich geschnallt hatte, dass ich bis über beide Ohren verliebt war.
Claudi + Jupp schrieben sich noch ganz viele E-Mails, durch die wir uns allmählich besser kennen lernten. Weil Jesus schon damals unser Mittelpunkt war, ist es uns (mir) sehr leicht gefallen ganz ehrlich im Umgang miteinander zu sein. In unseren allerersten Briefwechseln ging es um Probleme mit Drogen und Claudis Schmerzattacken, die im Zusammenhang mit chronischen und allerheftigsten Migräneanfällen standen. Sie hatte große Schuldgefühle, einerseits, von Schmerzmitteln wie Tilidin abhängig zu sein. Andererseits (und das mit ganz viel Liebe und Hingabe) jedoch an Jesus zu glauben. Wir haben damals viel dafür gebetet. Oft jeder für sich, aber auch gemeinsam am Telefon oder per E-Mail. Als unsere Freundschaft, die sich mittlerweile entwickelt hatte immer vertrauter wurde, hatte ich einmal darüber mit einem der Ältesten aus der Gemeinde gesprochen. Eines Nachts wachte ich auf und mir war klar; ich muss nun Klartext schreiben. So schrieb ich herzklopfend die nächste E-Mail an meine herrliche Prinzessin: Liebste Schwester Claudi du musst deinem Mann sagen, das wir uns verliebt haben und uns Emails schreiben.

Claudi nahm ihren ganzen Mut zusammen, denn eines Tages wollte sie ja sowieso mit ihrem Mann reden. Aber viel mehr Bauchschmerzen machte ihr, wie es ihre 23 jährige Tochter Hanna aufnehmen und verkraften würde, denn die beiden waren mehr als Mutter und Tochter; sie waren auch beste Freundinnen. Claudi zog erst mal `ne längere Zeit zu ihrer Schwester, die in der Nähe wohnte.

Aber eines Tages stand sie dann doch endlich mit einem Riesensprinter von Europcar vor meiner Haustüre. Ich wusste natürlich, dass sie kam. Als erstes rollte ihre geliebte schwarze Vespa von der Ladefläche. Seit diesem Abend steht der ganze Speicher voll mit ihren Bildern und den ganzen Farben und Leinwänden und dem krassen 3 Meter langen Jesusgemälde.

Nun hatte sie Zeit, hier in Solingen eine eigene Wohnung zu suchen und fand sie bald in Gräfrath. Das war auch ne weise Entscheidung, denn Rose, die gerade 15 Jahre alt war und voll den Aufstand probte, war ziemlich neben der Spur. Wieder mal hatte ihr geliebter Papa eine neue Freundin. Ihre Mutter und meine letzten zwei Freundinnen hatten ihr kein Glück gebracht. Es gibt diesen Spruch von Marc Twain, der auf diese Situation von damals gut passt: «Man vergisst vielleicht, wo man die Friedenspfeife vergraben hat, aber man vergisst nie, wo das Beil liegt.» So war am Anfang öfter der Kessel am dampfen, und Claudi wollte lieber ihre Ruhe haben, auch weil sie noch mit ihren Kopfschmerzattacken zu kämpfen hatte. Doch mit der Zeit verstanden sich die beiden immer besser, denn es war ja nicht so, dass sie sich nicht auch irgendwie mochten. Dann verkaufte Claudis Vermieter das alte Haus, in dem Claudi wohnte, und sie beschloss, nochmals für ein halbes Jahr nach Oberschwaben zu ziehen um ihre Scheidung und Dinge in ihrer Familie zu klären. Dort wohnte sie in einem umgebauten Keller, aus dem kurz zuvor Hannas Freund Andy ausgezogen war. Ein paar Gartenstühle und Sachen vom Trödel reichten für die Einrichtung. Außerdem bekam Claudi das alte Mofa von Hanna, welche sie jetzt auch wieder oft besuchen konnte. Dort unten im «Soutterain» entstand auch zum ersten Mal ihr erster Comic über eine gelbe Kröte namens Wilmer, die mit Jesus unterwegs ist. Titel der ersten Folge: «Wilmer sucht Gott.»

Nun waren erst mal wieder Emails und Briefe schreiben angesagt. Ich hatte für meine Süße ein Gedicht geschrieben, wie es von Salomo und Sulamit in der Bibel zu lesen ist (nur mit eigenen Worten), verfasst. Nach einem Monat ließ sich Jupp von Rose reisefertig machen. Rose rasierte ihrem Papa ne Glatze. Nur die Haare in Form eines roten Kreuzes blieben am Hinterkopf stehen. Mit einem Köfferchen, blaugefärbtem Käpt`n Ahab Bart und Rosenstrauß stieg ich in den Zug und besuchte meine Prinzessin in Aulendorf, so heißt das Städtchen, in dem sie damals wohnte. Da erfuhr ich zum ersten mal, was es bedeutet, wenn man als NRW-ler plötzlich keine Sprache mehr versteht. Aber was macht man nicht alles aus Liebe. Sogar in der Hitze einen fiesen Geröllweg vom Pfänder herab in Chucks zu stolpern, bis die Sohlen qualmten, kann da Freude bringen. Als ich zurück kam, hatte ich einige Kilo mehr auf der Waage, dank Hefeweizen, Brezeln und Leberkäs. Na klar, auch Claudis Kässpätzle sind extremst lecker. Nach der Zeit in Oberschwaben wohnten wir dann zu dritt in Solingen, und das Zusammenleben klappte dann immer besser mit Claudi, Rose und ihrem Papa. Rose kam bald mit ihrem ersten Freund nach Hause. Ab nun waren wir zwei alten Herrschaften sowieso abgemeldet.

Es war nun Januar 2009. Claudi fand einen 400 Euro Job in der Altenbetreuung und ich ging , wie gewohnt, die Straßenzeitung verkaufen. Wenn ich aus dem Sichtfenster war, pfiff Rose kurz, und ihre Freunde kamen um die Ecke und hatten zusammen ne gute Zeit in der sturmfreien Bude, wie Rose mir später mal beichtete.

Anfangs fuhren wir mit dem Zug noch zu dritt ins Kultshock. Doch das Interesse von Rose an gemeinsamen Ausflügen und der Gemeinde ließ immer mehr nach. Bis ihr schließlich der Freund und die Clique wichtig waren. Das ist ja auch irgendwie ganz normal, irgendwann werden Kinder halt flügge und verlassen das Nest.

Im Februar dann erzählte Claudi mir, dass sie seit ein paar Tagen auf die Platte ging und sich öfter Bubbles (Heroin) besorgte. Dadurch wäre ihre Migräne wie weggeblasen. Es kam wie es kommen musste, von diesem Tag an ging Jupp wieder auf die Platte und besorgte das Zeugs. Ich kannte mich ja besser aus auf der Solinger Drogenszene. Nun waren wir das erste Mal zusammen auf Heroin. Die Mengen wurden größer und die Abstände kürzer, in denen wir die Shore rauchten. Nach einiger Zeit konnten wir dann doch wieder die Finger davon lassen, aber Claudi ging ins Methadonprogramm. In den folgenden 5 Jahren kam es zu einigen kürzeren Rückfällen.

Doch Jesus wurde zu etwas ganz großem in unserem Leben. Unser Glaube gab uns die Kraft und innere Stärke dazu. Und so haben dann auch wir es geschnallt; auf ihn, Jesus konnten wir uns verlassen und so unser Leben genießen. Ich war damals schon 8 Jahre bei den Freaks und war glücklich dort zu sein. Am Freitagabend mit den Leuten zusammen Gottesdienst zu feiern hat mir voll geholfen Jesus immer besser kennen zu lernen. Ganz besonderes genoss ich die Anbetungszeiten in der wir Gott lobten und preisten. Und das ist auch heute immer noch so. Gott im Lobpreis und in der Anbetung zu begegnen ist für mich der absolute Burner, genau mein Ding in Gottes Nähe zu kommen. Jesus anzuschauen und ihn durch den Heiligen Geist zu spüren ist für mich einfach die größte Freude.
Damals wurde mir aber auch klar, dass ich nicht dazu geboren bin immer in ein und derselben Gemeinde zu Hause zu sein. In mir lebt ein evangelistisches Feuer, es drängt mich sozusagen hinaus in die Welt. Und so wurde der Plan für unsere Vision langsam aber sicher immer klarer und deutlicher . Das hieß zuerst einmal, ich muss den Führerschein machen. Für einen Menschen wie mich, der krasse Prüfungsängste hat, war das voll die Herausforderung, ein echtes Drama! Aber im Mai 2010 drückte mir der Fahrprüfer dann doch den sogenannte Lappen in die Hand und gratulierte mir zu bestandenen Fahrprüfung, Halleluja.
2011 ging auch ich selbst wieder in die Substitution. Trotz des Rückfalls in die Drogensucht gingen wir immer noch weiter in unsere Gemeinde, Claudi machte ihren Job und ich verkaufte wie immer meine Zeitungen. Ich musste jeden Tag morgens um 9 Uhr bei meinem Doc antanzen, um das Medikament dort einzunehmen, auch am Wochenende. Sonntags war die Ausgabe erst um 11 Uhr, deshalb konnte ich da auch nicht mehr den Gottesdienst besuchen. Deshalb wechselte ich den Subsitutionsarzt , denn bei dem neuen Arzt bekam ich sofort ein Take-home-Rezept, also eine Wochenration. Wie schon so oft, brach danach wieder die Heroinsucht durch und wir hatten wieder jede Menge Beikonsum. Dann musste auch Jupp bei seinem Arzt die Beichte ablegen, und ich ließ mich auf ein höheres Level einstellen. Aber irgendwie hab ich es dann doch wieder geschafft, das Medikament Schritt für Schritt runter zu dosieren und schließlich ganz clean zu werden. Doch je älter ich wurde, desto schwieriger und krasser wurde mit jedem Mal der Entzug. Auch Claudi hatte inzwischen bereits 3 Versuche hinter sich, das Polamidon auszuschleichen, aber am Ende wurden ihr die Schmerzen jedes Mal heftiger. Trotz all dieser Kacke hatten wir trotzdem unseren Glauben an Jesus nicht verloren. Wir beteten wieder regelmäßig und ich fuhr jede Woche nach Remscheid ins Kultshock.

An einem Morgen, als ich vor dem Kaufpark stand, sprach mich ein Mann in meinem Alter an und fragte mich, ob ich Lust hätte, bei einem Art Theaterstück mitzumachen. Die Leute, die außerdem mitmachten, hatten alle ein sprachliches oder psychisches Problem und arbeiteten bei der Lebenshilfe.

Weil ich als Straßenzeitungsverkäufer auch am Rand der Gesellschaft stehe, würde ich da gut reinpassen. Es ging bei dem Projekt darum, dass jeder Teilnehmer auf der Bühne selbst verfasste Texte lesen sollte. Außerdem sollte jeder einen kurzen Film drehen, den er sich selber ausdenken konnte und der etwas mit ihm persönlich zu tun hatte. Das Thema, das sich durch alle Beiträge zog war: „Wem ich nie begegnete, das bin ich!“ Ich sagte spontan ja, denn ich wusste ja schon, dass mein Projekt etwas mit Jesus zu tun haben würde. Da hatte ich voll Bock drauf. Nach über einem halben Jahr proben sagten sich dann zwei Herrschaften vom Caritasverband an, die das Projekt eigentlich finanzierten. Sie wollten sehen, was wir schon alles auf die Beine gestellt hatten. Eine Woche später bekam ich einen Anruf von ihnen und sie teilten mir mit, ich wäre raus aus der Show. Dem Chef vom Caritasverband erschien mein Beitrag über mein Leben vom Junkie zum Jesusfreak wohl zu krass. Zuerst war ich voll sauer und enttäuscht darüber, aber ich ließ mich nicht unterkriegen und außerdem hatte ich auch Spaß und Eifer entwickelt und voll Bock darauf, daraus noch mehr zu machen. Aus den anfänglich 3 Minuten kam dann eine gute halbe Stunde Film zustande. Aber das war immer noch nicht das Ende. Daraus entwickelte sich nämlich die Krötenwanderung von Claudi und Jupp; eine Idee, welche schon länger in unseren Köpfen herumschwirrte. Wir hatten den Traum, mit einem Wohnmobil quer durch Deutschland zu ziehen, Comichefte von Wilmer verteilen, besagten Film vorführen und ne Lesung dazu halten. Claudis Kunst ist der dritte Bestandteil unserer Vision. Denn Claudis Bilder standen lange genug auf dem Speicher und wollen in die Welt hinaus. Außerdem malt sie auch gerne auf Straßenplätzen.

Vor 3 Jahren fingen wir also damit an, auf dieses Ziel hin zu sparen. Es bedeutete auch, dass Claudi nun über kurz oder lang das Substitutionsprogramm beenden musste, denn sie hätte dann nicht länger am Drogenprogramm teilnehmen können. Bis Anfang Dezember hatte Claudi sich auch gut runter dosiert gehabt. Doch wir belogen uns aufs Neue und wollten ein letztes Abschlussblech rauchen. Aus diesem einen Blech wurden dann 6 Wochen hoher Dauerkonsum, bei der täglich 200 € und am Ende noch Claudis gesamter Kasseninhalt von 2700 € drauf ging. Doch unser Versprechen, mit der Krötenwanderung für Jesus unterwegs zu sein, wollten wir auf keinen Fall brechen oder gar noch mit einem Angriff auf unsere Wohnmobilsparkasse aufs Spiel setzen. Wir riefen kurz entschlossen beim Landeskrankenhaus in Langenfeld an, und bestellten uns 2 Betten zur Übernachtung mit Frühstück für 14 Tage. So fuhren wir mit Bus und Bahn einem krassen Entzug entgegen. Zunächst von der Stationsleitung wieder einmal eingestellt auf 6 ml Polamidon wurde jeden Tag 0,5 ml weniger verabreicht. Die erste Woche war noch ganz okay, doch dann machte uns die tägliche Reduzierung immer mehr zu schaffen. Am Ende wurde es so krass, dass Claudi wegen viel zu hohem Blutdruck und Herzstechen mit dem Taxi ins Klinikum Solingen gefahren wurde. Am selben Abend durfte sie jedoch wieder nach Langenfeld zurück. Die folgenden 2 Tage bedeuteten einen großen Leidensdruck und so ließen sich Claudi und Jupp am Sonntag auf eigenen Wunsch die Entlassungspapiere ausstellen. Die geschlossene Türe zum Ausgang wurde geöffnet, doch die Rückfahrt war Hölle pur. Das einzige, was Claudi im Kopf hatte, waren die 7 Fläschchen von ihrer letzten Wochenration Polamidon, die sie kurz vor Therapieantritt in den Müllcontainer vor unsererm Haus geworfen hatte. Dort endlich angekommen, öffneten wir die Klappe des Containers und mussten feststellen, dass die Müllabfuhr schon vor uns da war. Ein letztes Mal lief Jupp nochmal zur Platte, um Claudis Qualen zu lindern. Ich wurde dann schnell fündig und machte mich wieder auf den Weg nach Hause. Wir leerten den Beutel und kippten das Zeug aufs Blech. Als ich das Feuerzeug unter die Alufolie hielt, gab es nur ein zischen und nen üblen Gestank. Die Shore war total gestreckt, im besten Fall mit Tabletten. Wer weiß, was die da tatsächlich für nen Dreck reingemixt hatten. Aber wir gaben uns trotzdem den Rest damit.

Am nächsten Morgen schleppte sich Claudi zu ihrem Arzt und ließ sich nochmal auf  3,5 ml Pola einstellen. Ich zog meinen Entzug 6 Wochen eiskalt im Bett durch. Claudi blieb 9 Monate lang dizipliniert beim langsamen Ausschleichen des Polamidons, bis auf nur noch eine minimale Menge. Damit der Rest des Entzugs diesmal leichter würde, bekam sie weitere 5 Monate Subutex, bis sie auch damit auf null kam.

Ab März 2015, nach insgesamt 6 Jahren Substitution und den damit verbundenen Rückfällen bewältigte nun auch Claudi ganz drogenfrei ihr neues Leben und den Alltag. Einerseits ist so etwas wie eine Neugeburt, auf der anderen Seite müssen sich die Rezeptoren im Gehirn, die für Schmerzbewältigung zuständig sind, erst langsam erholen. Trotzdem kehrten Claudis Spass und ihr herrliches Lachen, das ich so liebe, immer mehr zurück. Gegen die Migräneattacken bekam sie inzwischen ein schnell wirkendes Migränemittel verschrieben, das nichts mehr mit Opioiden zu tun hat. Zur Entspannung gönnten wir uns nach langer Zeit mit unserem inzwischen gekauften Lieferwagen Fiat Scudo drei Wochen Sommerurlaub in den Alpen und am italienischen Mittelmeer. Und plötzlich, da war es wieder, dieses Gefühl der Freude, das ich seit meinen Kindertagen nicht mehr kannte und durch die Drogen aus meinem Gehirn geblasen hatte. Die einfachen Dinge in meinem Leben zu erkennen, lieben und schätzen zu lernen war einfach nur herrlich. Ich dachte so vor mich hin: «Hey Jupp, du sitzt hier am Lenkrad und fährst durch die Schweizer Berge, dem Sonnenuntergang entgegen!» Ja echt ey, ich konnte es mal wieder nicht richtig fassen am Steuer meines eigenen Autos zu sitzen. Das war eine wunderschöne Zeit, Claudi & Jupp mit Jesus zusammen. Wir feierten unsere neue Freiheit und bekamen schon einen kleinen Vorgeschmack auf unser künftiges Vorhaben, ein nomadisches Leben zu führen.

Inzwischen sind wir mitten im Jahr 2016 angelangt.

Uns war und ist es dieses Mal wirklich ernst. Die Kasse füllt sich langsam, und durch eine ganz neue HCV-Therapie heilt nun endlich auch unsere Hepatits C aus, die sich jeder von uns bereits Anfang der 80iger Jahre zugezogen hatte. Doch eines ist uns auch klar und haben wir nun endlich begriffen: Ohne ganz nahe bei Jesus zu sein und auch zu bleiben, hätten wir den Suchtdruck nie überwunden. Ja, es ist wirklich wahr, wenn Jesus einen frei macht, dann ist man wirklich frei. Jeder abhängige Mensch, der Suchtdruck kennt, weiß wie er sich anfühlt und nicht mehr verschwinden will. Aber jeder kennt vielleicht auch die Vorstellung oder Hoffnung, was Freiheit von dieser Sklaverei bedeuten kann. Bei diesem letzten Entzug war er dann plötzlich weg – bei mir schon etwas früher, und dann bei Claudi. Es hatten auch einige Menschen zusätzlich für uns fett gebetet.

Warum es vorher nie geklappt hat? Ich hab nur eine Erklärung: Ich muss wirklich bereit sein, alles auf eine Karte setzen zu wollen. Die Karte heißt für uns einzig und allein Jesus Christus, unser Erlöser und Retter, und zwar an jedem einzelnen neuen Tag!

Danke Jesus, dass du deine Kinder liebst und gerne mit
ihnen zusammen bist.
Und dass deine Gnade jeden Tag neu für uns da ist.
Jesus lebt! In jedem von uns.

Ja, nu isse rum, die Story vom Jupp dem Junkie, der zum Jesusfreak wurde. Doch das nächste Abenteuer wartet schon und steht in den Startlöchern. Kröten wandern halt gerne ……..
Claudi und Jupp in Jesus, das rockt!
Die beiden zünden ein Feuer an
und preisen
den König der Könige und den
Herrn der Herren!

Be blessed!

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